CHRISTA KERN

DIE IDEE

 

Der Einbruch

Robin konnte es nicht fassen, was sich vor seinen Augen auftat. Ein Berg von Müll türmte sich vor ihm auf. Müll, den er noch nie gesehen hatte. Ein beißen-der Geruch fraß sich in seine Nase und nahm ihm fast den Atem. Als er sein Haus für seinen Kurzurlaub in der Schweiz verlassen hatte, war alles in Ordnung gewesen, alles an seinem Platz. Er war doch nur vier Tage weg gewesen. Fassungslos starrte er immer noch auf das Durcheinander vor ihm.
Sein Blick fing sich an dem Bild, das, schief an der Wand hängend, abzustürzen drohte. Die Terrassentüre stand ein klein wenig offen und in der Scheibe, in Hö-he des Türriegels, klaffte ein faustgroßes Loch. Langsam wendete Robin sich wieder dem Vorraum zu und ging in Richtung Küche und Schlafzimmer.
Auch die Küche verwüstet. Die Sessel lagen umgeworfen am Boden, dem Tisch fehlte ein Bein, mit dem offensichtlich der Rest der Küche zerschlagen worden war. Scherben lagen auf Arbeitsfläche und am Boden. Küchenabfälle auch hier überall verstreut. Wie konnte das möglich sein? Er hatte doch vor seiner Abreise alles in den Müllcontainer geworfen! Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf und er lief ins Schlafzimmer.
Auch hier alles verwüstet und mit Müll verunreinigt. Nach Atem ringend lief er zum Kleiderschrank, hinter dessen Rückwand sich sein Tresor verbarg. Gott sei Dank, die Einbrecher hatten ihn offensichtlich nicht gefunden. Schnell vergewisserte er sich, dass im Tresor alles noch vorhanden war, dann griff er mit zittriger Hand in sein Sakko, holte sein Mobiltelefon heraus und rief die Polizei an.

Nachdem die Polizisten alles begutachtet und Spuren gesichert hatten, wandte sich einer der Uniformierten an Robin, der immer noch fassungslos war. „Wir hatten in den letzten zwei Wochen mehrere Einbrüche in dieser Gegend, aber so schlimm war es nirgends. Können Sie uns sagen, ob irgendetwas fehlt?“ Robin schaute auf und antwortete mit schwacher Stimme: „Soweit ich gesehen habe, fehlt nichts von großem Wert. Die Abdeckung in der hinteren Kastenwand zum Tresor haben sie offensichtlich übersehen, da sie nur mit einem versteckten Berührungsmechanismus zu öffnen ist. Aber was tue ich nun, um das Haus wieder bewohnbar zu machen?“
Alle standen ratlos um ihn herum. Einer der Polizisten hatte eine Idee, doch bevor er sie aussprechen konnte, meldete sich eine Stimme im Hintergrund. Keiner hatte in dem Durcheinander gemerkt, dass sich jemand zu ihnen gesellt hatte.
„Das sollte kein Problem sein, ich kann Ihnen helfen.“ Alle starrten zu der immer noch offenen Tür, wo der Mann in Montur stand. „Als ich die Polizeiwägen sah, vermutete ich schon, dass etwas passiert ist. Ich dachte, schau mal rein, ob deine Hilfe gebraucht wird. Wenn Sie möchten, rufe ich meine Jungs an, dann können Sie noch heute wieder in Ihrem eigenen Bett liegen. Gehen Sie ein paar Stunden ins Wirtshaus nebenan, wir erledigen das und holen Sie, wenn wir fertig sind.“
Robin war sofort einverstanden und erleichtert. Einer der Polizisten wies ihn, während er ins Auto einstieg, noch an, am nächsten Morgen ins Präsidium zu kommen, um seine Anzeige „gegen Unbekannt“ zu unterschreiben. Robin nickte, drehte sich um und gab dem Mann in Montur seine Telefonnummer. Dann wandte sich Richtung Gasthaus.
Drei Biere und fünf Schnäpse später schaute Robin nervös auf seine Uhr. Er war nun schon fast fünf Stunden beim Wirten und immer noch hatte sich niemand bei ihm gemeldet. Seine Nerven hatten sich aufgrund des Alkoholpegels beruhigt gehabt, aber nun dauerte es ihm schon zu lange. Hoffentlich würden sie ihn bald anrufen, damit er endlich nach Hause gehen konnte.

Währenddessen räumten die als Reinigungsmänner getarnten Diebe in seinem Haus mit Seelenruhe zwar nicht die Wohnung auf, aber den Safe aus. Einer der Männer, nämlich jener in der Montur, lachte und sagte: „Na, Jungs, die Mistnummer war doch eine tolle Idee von mir!“, und das fanden jedenfalls seine Kumpane auch.