Wenig Vertrauen in die Leistungsfähigkeit ihrer Wunschkinder haben
manche Mütter. Das betrifft in besonderem Maße die Wäschepflege
der erwachsenen, schon lange der elterlichen Obhut entwachsenen männlichen
Nachkommen.
Was eine richtige Traummutter ist, wie z.B. Katinka, möchte ihr Kind
vor allen Gefahren und jedem Schaden, auch materiellem, schützen.
Deshalb sollen Kinder ihrer Meinung nach nicht mit gefährlichen Maschinen
hantieren, dazu gehören in erster Linie die Waschmaschinen. Es könnten
bei unsachgemäßer Behandlung nämlich die kostbaren Jeans
und T-Shirts in der rotierenden Waschtrommel beschädigt werden, wenn
nicht das richtige Waschprogramm eingestellt wird. Bei schlampiger vorheriger
Trennung könnten sich farblich unpassende Slips, Tangas und Leiberl
ineinander verschlingen und sich verfärben, die Trainingsanzüge
aus der Form geraten, oder gar eingehen, falls die Temperaturanweisung
nicht beachtet wird. Nicht zu vergessen ist die Erwähnung der richtigen
Waschmittelwahl. Bei der dauernd wechselnden Werbung für Ultra-,
Super- oder Blendend-Weiss in Form von Flocken, Pulver, Tabs oder Megaperlen,
ist eine zeitgemässe Wäschepflege sowieso beinahe eine Wissenschaft.
Dazu kommen noch die vielen Knöpfe zum Drehen und Tasten zum Drücken
an der Maschinenfront. Richtig verwirrend.
Frau kann doch einem berufstätigen jungen Mann nicht zumuten, daß
er mit so etwas seine kostbare Zeit verschwendet. Wofür hat er denn
eine Mama? Er soll es gut haben im Leben. Die Mama hatte zwar auch ihre
liebe Not, inzwischen jedoch bereits eine gewisse Routine, die Waschmittelmenge
mit den Wasserhärtegraden und die Wasch- und Schleuder-Programme
mit den Wasch-, Pflege- und Bügel-Anleitungs-Etiketten in den diversen
Kleidungsstücken zu koordinieren.
Die modische Bettwäsche gehört selbstverständlich nach
dem Waschen mit dem nötigen Respekt behandelt, im Fadenlauf aufgehängt,
nicht irgendwie schräg in den Wind, was sich in der Folge negativ
auf die Büglerei auswirken würde.
Und erst die vielen Socken, Schuhgrösse 47, ihres Hansi. Hängen
wie tibetische Gebetsfahnen an der Leine zum Trocknen, sind teilweise
perforiert. Na, diese Löcher kann doch nur sie stopfen ...
Seht nur, ihr Nachbarn, Mamas Liebling ist wieder da. Er kommt immer noch
zu ihr. Sie ist nicht allein. Er hat sie nicht ganz verlassen. Über
seine Wäsche steht sie immer in Beziehung zu ihm. Darf auch alles
flicken. So hilft sie ihm sparen. Es ist doch alles so teuer in der Stadt.
Mein Gott, wie klammert sie sich doch in ihrer großen Liebe an seine
Unterwäsche und in seine Hemdenkrägen. Nur sie allein kann alles
richtig sauber machen, bügeln und zusammenlegen.
Die Wäscheparade ist natürlich im Winter unmöglich. Draußen
würde nichts trocknen, alles in der Kälte frieren, brettsteif
werden und wäre somit innerhalb von zwei Tagen nicht transportfähig.
Hansi bleibt ja nur übers Wochenende, muß dann wieder davondüsen
in die ferne Stadt zum Hackeln, wie er sagt.
In feuchten Herbst- und eisigen Winter-Nächten sowie in den unbeständigen
Frühlingszeiten dürfen deshalb alle Wäschestücke drinnen
trocknen. In Mutters warmem Stübelein hängen die Hemden an jeder
Hängemöglichkeit: an den oberen Schubladengriffen, den Kastenschlüsseln,
der Wandbeleuchtung. Rund um den gemütlichen Kachelofen baumeln die
Leiberl und Hoserl im warmen Aufwind. An der Besenstange quer über
die Duschkabine gelegt, hängen Pyjamahosen.
Der Ruck-Zuck-Wäschetrockner über der Badewanne ist von Frotte-Handtüchern
besetzt. Im Vorzimmer über der Heizkörperverkleidung aus eloxiertem
Metall, was äußerst praktisch ist, breitet sich die Bettwäsche
aus, und in der Küche über den Sesseln versuchen die Pullover
trocken zu werden. Nur der Zugang zum Örtchen ist hindernisfrei.
Auch drinnen hängt nichts. Eigentlich selbstverständlich. Saubergewaschenes
mit Frischeduft hat dort wirklich nichts zu suchen.
Der Vater hat sich stillschweigend an die monatlichen Waschtage gewöhnt.
Er hat sich damit abgefunden, daß er dann die letzte Geige zu spielen
hat, wenn das Kind zur Mama kommt. Er, als Hansis Erzeuger und teilweise
auch Erzieher ist natürlich froh, wenn der Sohn noch regelmäßig
heimkommt.
Alle Räume sind erfüllt vom Weichspülergeruch. Überall
ist der Sohn anwesend, wenigstens vom textilen Bereich her, denn er selbst
ist mit Freunden unterwegs. "Geh nur, junge Leute gehören unter
sich", hat ihn Katinka ermuntert. Er kann sowieso nicht zuschauen,
wenn Mutter sich voller Stolz plagt. Er versteht ihren monatlichen Enthusiasmus
nicht. Er will sich nicht an ihrem Wäscherausch beteiligen. Lieber
macht er seine Pflichtbesuche in sämtlichen Gasthäusern des
Ortes und geht erst nach Haus, wenn im letzten Lokal die Aschenbecher
überquellen, die Luft schon zum Schneiden und die Ausgangstüre
durch die dicken Rauchschwaden gerade noch zu erkennen ist. Dann kann
er auch sicher sein, daß die Mutter ihren müden Rücken
bereits ins Bett gelegt hat. Er überläßt sie großzügig
ihrer Freude und Befriedigung, für ihn etwas Praktisches und Gutes
zu tun.
Außerdem irritiert ihn die trockene Luft vom Bügeln, sie reizt
ihn dauernd zum Husten. Auch das Geräusch vom Bügeleisenabstellen
stört ihn, wenn Metall auf Metall klirrt. Er mag auch nicht sehen,
wenn Mutters Hände zwischendurch ihr Kreuz abstützen und sie
sich bemüht, die Steifheit aus den Schultern zu schütteln.
Man kann nicht sagen, daß er sich daheim wohlfühlen würde.
Wie schaut es denn dort auch aus mit der überall feuchtzerknittert
herumhängenden oder frischgebügelt ausluftenden Wäsche?
Urungemütlich!
Der Sohn möchte keine Schuldgefühle aufkommen lassen. Mutter
reißt sich doch alleweil um seine Wäsche, zelebriert diese
Wochenenden wie ein Fest, verteidigt ihr Revier in der Waschküche
wie ein Platzhirsch. Er hat den Kampf um diesen Zipfel Eigenständigkeit
schon lange zugunsten der Bequemlichkeit aufgegeben. Die Mama hat gewonnen.
Niemand außer ihr macht die Sache richtig. Wie ein Hofhund wacht
sie über ihres Kindes Eigentum. Auch keine Freundin hat die Chance
an die Schmutzwäsche herangelassen zu werden. Erst wenn er einmal
ordentlich verheiratet sein wird, will sie zurücktreten. Hansis Gattin
darf dann diese Arbeit übernehmen. Es soll doch alles seine Ordnung
haben.
Ein wenig jammern über die viele Arbeit gestattet sich Katinka, die
gute Mutter, schon. Wer zufällig ihren Weg kreuzt beim Einkaufen,
wird seufzend informiert über die Anzahl der Waschmaschinenladungen
und der Stehstunden beim Tisch, wo endlos lang das Bügeleisen hin
und hergeschoben worden ist über widerspenstige Jeans und bockige
Tennissocken. Alles muß faltenlos sein, das verlangt ihr Stolz.
Doch wehe denen, die
vielleicht Ratschläge zur Verminderung oder gar Abschaffung dieser
Prozedur von sich geben in wohlwollendem Mitgefühl. Schimpf und Schande
über Herz- und Lieblose, die den Beziehungsfaden zwischen der Mama
und ihrem lieben Kind zerschneiden wollen! Na, danke, da verwandelt sie
sich in eine wilde Löwin, die ihr Junges verteidigt und auch die
Beute, die sie in den Pranken hält. Solange sie kann, wird sie für
ihr Kind da sein, sich aufopfern, diese Genugtuung läßt sie
sich nicht nehmen. So erst kann sie sich als richtige Mutter fühlen
und niemand soll sie ihres Glückes berauben. Verstanden?! |